Rund 1.000 Kilometer liegen zwischen Brackenheim und seiner Partnerstadt Zbrosławice. 1.000 Kilometer, die die
kleine Delegation des Partnerschaftskomitees am letzten Wochenende gerne zurücklegt hat, um nach den Coronajahren endlich wieder die polnischen Freunde zu treffen und mit ihnen und den
Delegationen aus Charnay-lès-Mâcon, Castagnole delle Lanze und Tarnalelesz das traditionelle Dramatalia- und Erntedankfest zu feiern.
Der Aufenthalt beginnt mit einem gemeinsamen Essen regionaler Köstlichkeiten bei „Kucharz Gastronom.“ Das Restaurant
verfügt über genügend Platz, um in einer langen, fröhlichen Wiedersehensnacht einige Kalorien gleich bei Polonäse, Sirtaki oder Foxtrott abzutanzen. Dabei klappt die Verständigung auch ohne viele
Worte.
Wie immer haben sich die Gastgeber ein umfangreiches Besuchsprogramm überlegt, und so steht am Samstagvormittag der
Besuch der Kirche Mariä Himmelfahrt an. Pfarrer Marcin Wojtczaks Vortrag gilt der wundertätigen Marienfigur über dem Altar, die bis heute Pilger nach Zbrosławice lockt, die die Mutter Gottes um
Hilfe bitten.
Nachmittags geht es per Bus nach Oppeln/Opole. Das Zentrum der deutschen Minderheit hat eine sehr bewegte, teils
sehr leidvolle Geschichte hinter sich, worüber mehrsprachige Gedenktafeln Auskunft geben. Heute ist der Geburtsort von Miroslav Klose das Zentrum des polnischen Schlagers mit jährlichen
Veranstaltungen und einem „Walk of Fame“ polnischer Stars.
Ab Samstagnachmittag strömt ganz Zbrosławice – auch die Gäste aus den Partnerstädten – zum Dramatalia-Fest. Die
Kinder toben sich auf den Hüpfburgen aus, die Erwachsenen genießen Würstchen, Kuchen und knusprige „Placki“ – Kartoffelpuffer. Ein Höhepunkt am Sonntag ist der Erntedank-Gottesdienst mit der
Segnung der Erntekrone – zum Fest gehört die Ausstellung der Erntekronen aller Teilgemeinden -, eines Brotes und einiger Obst- und Gemüsekörbe. Auch die Gäste aus den Partnerstädten nehmen teil
und tragen Fürbitten in ihren Sprachen vor.
„Special guest“ auf der Festbühne am Nachmittag ist der junge Opernsänger aus der Nähe von Lwiw, Rostyslav Kushyna,
der gleich mit seinem ersten Hit, dem Italo-Klassiker „Volare“ in der Version der Gipsy-Kings, Jung und Alt mitreißt. Sein Auftritt ist ein Dankeschön für die monatelange Aufnahme seiner Eltern
im Ort – und er sammelt Spenden zur Unterstützung der ukrainischen Armee. Wie viele ukrainische Flüchtlinge derzeit noch im Ort leben, lässt sich kaum sagen, da fast alle privat untergekommen
sind.
Weder auf dem Fest noch beim Gottesdienst darf der auch in Brackenheim bekannte Chor Miedarzanie fehlen. Ein
weiterer besonderer Akt: Die Bürgermeister Wiesław Olszewski und Michal Zurbola unterzeichnen den Freundschaftsvertrag zwischen Zbrosławice und dem slowakischen, vormals ungarischen Leles. Eine
Gelegenheit für die Vertreter der Partnerstädte, Grußworte an die vielen hundert Gäste zu richten.
Seit zwölf Jahren seien die Städte bereits freundschaftlich verbunden. Nachdem der Gemeinderat zugestimmt habe, sei
die Freundschaft nun offiziell, sagt Katarzyna Sosada, stellvertretende Bürgermeisterin. Sprachliche Probleme habe man keine, und man hoffe auf gemeinsame Projekte, zum Beispiel über
Erasmus.
Schließlich hat Wiesław Olszewski noch eine Überraschung für die Partnerstädte in petto: eine kleine
Erntekrone.
Diese Treffen bieten eine gute Gelegenheit zum Austausch und zu weiteren Planungen. Man überlege, so Bürgermeister
Olszewski, wie auch Castagnole, die Partnerschaftstreffen vom Dramatalia-Fest abzukoppeln, um mehr Zeit für die Gäste zu haben. Mariagrazia Rosso lädt nach Castagnole am ersten Dezemberwochenende
ein, dem letzten im Partnerschaftskreislauf nach Charnay im Oktober.
Der Abschied nach einem gemeinsamen Frühstück am Montagmorgen dauert wie immer lange. „Schön, dass aus allen Ländern
Freunde dabei waren und dass man wieder in den Familien untergebracht war“, sagt Martin Gerhäußer, einer der beiden Brackenheimer Vorsitzenden, „was einen ganz anderen Einblick in das Leben hier
vermittelt.“ Ein Trost: Man sieht sich bald wieder!