Strahlender hätte der Tag nicht sein können für die drei Bürgermeister Rolf Kieser, Jean-Louis Andrès und Carlo Mancuso, für rund 80 Gäste aus Frankreich, Italien und Polen sowie viele Brackenheimer, die sich am Samstagvormittag auf eine kleine Wanderung begaben: von Zbrosławice zu Fuß über Charnay-lès-Mâcon nach Castagnole delle Lanze. Natürlich nur symbolisch! Denn seit Samstag sind alle Kreisel, die seit einem Jahr den nun ampellosen Verkehr regeln, offiziell eingeweiht und nach den Partnerstädten benannt.
Am 2. Juli 2016 wurde bereits der „Rondo Polski“ eröffnet mit 28 Stelen für die EU-Nationen, obwohl sich 10 Tage zuvor Großbritannien für den Brexit entschieden hatte. Rolf Kieser belässt es jedoch bei der Zahl, denn wer weiß, ob es auf Dauer bei dem Austritt bleibt.
In Frankreich sind Kreisverkehre schon seit vielen Jahren gang und gäbe, und so fahren auch in Charnay rund 50.000 Autos pro Tag über den „Brackenheim-Kreisel“, das Vorbild für Kieser, es auch hier ohne Schilder und Ampeln zu versuchen – und gleichzeitig die Bürger an die Partnerstädte und die europäische Verbundenheit zu erinnern.
„Kunst ist nicht wichtig, macht das Leben aber schöner“, sagt in seiner kurzen Ansprache der Skulpteur José Aguirre. Sein Kunstwerk stellt ein aufgeschlagenes Buch aus wetterfestem Stahl des berühmten Sohnes der Stadt Alphonse de Lamartine, 1790-1869, dar. Zu seinen Lebzeiten war der Philosoph, Schriftsteller und Politiker in Deutschland zeitweise bekannter als in seiner Heimat, und der Einfluss Goethes in seinem Werk ist deutlich spürbar. Diese Verbundenheit in der Kunst sei auch Ausdruck ihrer Gemeinsamkeit, so Jean-Louis Andrès. Das Zitat, das man für die Skulptur gewählt hat, soll Hoffnung ausdrücken, die die europäische Gemeinschaft braucht: “Ein einz‘ger Wunsch genügt, reich zu bevölkern eine ganze Welt.“
Ein paar Schritte weiter südlich am Bürgerzentrum ist der Kreisel nun mit einem Werk des italienischen Ingenieurs und Künstlers Marcello Giovannone bestückt, der so den Namen seiner Stadt in die Welt trägt. Und obwohl Carlo Mancuso wegen des bevorstehenden Referendums sofort nach der Einweihung wieder abreisen musste, war er u.a. mit fünf offiziellen Vertretern der Stadt gekommen, denn es gab noch einen zweiten Grund zu feiern: 20 Jahre Städtepartnerschaft zwischen Brackenheim und Castagnole.
Auf einer Weltkugel aus Stahl erblickt der Passant nun täglich die Abbildung Italiens sowie die typischen Symbole der Partnerstadt: Trauben, Barbera-Wein, Weinberge, Haselnüsse, Pallapugno spielende Männer.
Micha und Thomas Kible, die musikalischen Begleiter der multinationalen Wandergruppe, beenden die Feierlichkeiten mit „Azzurro“, dem Inbegriff unbeschwerter Urlaubsfreuden unter italienischer Sonne. Das gefällt, wärmt bei den Minusgraden aber nicht wirklich, doch dafür gibt es als Geschenk der Stadt Brackenheim Punsch, Glühwein und heiße Würstchen für alle.
Am Samstagabend trafen sich Gäste und gastgebende Brackenheimer in der Haberschlachter Kelter zum gemeinsamen Abendessen. Castagnole delle Lanze spendierte den Weihnachts-Panettone zum Dessert.